Leitsätze
NV: Die umsatzsteuerrechtlichen Kriterien für die Einordnung eines Aufsichtsratsmitglieds als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes sind für die ertragsteuerrechtliche Zurechnung von Einkünften im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht maßgeblich.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 13.05.2022 – 2 K 128/22 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Revision ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) noch wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.
1. Die Voraussetzungen des von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vorgebrachten Zulassungsgrunds der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) sind nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt worden.
a) Die schlüssige Rüge einer Divergenz erfordert die Darlegung, dass das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der Bundesfinanzhof (BFH) oder ein anderes FG. Gleiches gilt für Entscheidungen eines anderen obersten Bundesgerichts. Dabei muss das FG seinem Urteil einen entscheidungserheblichen (tragenden) abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 08.04.2020 – IX B 103/19, Rz 5).
b) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Der Kläger benennt zwar mehrere Divergenzentscheidungen (u.a. BFH-Urteil vom 27.11.2019 – V R 23/19 (V R 62/17), BFHE 267, 189, BStBl II 2021, 542), legt aber nicht dar, inwieweit diesen Entscheidungen und dem angegriffenen FG-Urteil vergleichbare Sachverhalte zugrunde liegen. Darüber hinaus arbeitet der Kläger aus dem angefochtenen FG-Urteil auch keine entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze heraus, die in Widerspruch zu denen der Divergenzentscheidungen stehen. Soweit der Kläger pauschal geltend macht, das FG habe hinsichtlich der Beurteilung seiner selbständigen Tätigkeit eine von den Divergenzentscheidungen abweichende Auffassung vertreten, genügt dies den Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz nicht. Der Kläger übersieht in diesem Zusammenhang, dass die umsatzsteuerrechtlichen Kriterien für die Einordnung eines Aufsichtsratsmitglieds als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes für die ertragsteuerrechtliche Zurechnung von Einkünften im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht maßgeblich sind. Die behauptete Abweichung des FG-Urteils von einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ebenfalls nicht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15.02.2000 – V B 152/99, BFH/NV 2000, 824). Insoweit käme allenfalls eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO in Betracht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 04.12.2000 – V B 15/00, BFH/NV 2001, 819). Diesen Zulassungsgrund macht der Kläger vorliegend aber nicht geltend. Es ist auch nicht ersichtlich, dass im Streitfall Rechtsfragen zur Beantwortung anstehen, die offensichtlich von grundsätzlicher Bedeutung sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29.04.2020 – XI B 113/19, BFHE 268, 480, BStBl II 2020, 476). Auch im Falle offenkundiger grundsätzlicher Bedeutung ist im Übrigen zu fordern, dass der Beschwerdeführer die Rechtsfrage bezeichnet, die der Klärung bedarf (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30.11.1994 – IX B 94/94, juris, letzter Absatz [Rz 2] und vom 01.03.2007 – VI B 92/06, BFH/NV 2007, 1172, unter I. [Rz 3]). Hieran fehlt es im Streitfall.
2. Der Kläger hat auch den von ihm geltend gemachten Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
a) Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen, erfordert unter anderem die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten gewesen wären, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, warum sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 26.07.2000 – XI B 22/00, BFH/NV 2001, 181 und vom 10.10.2007 – IV B 130, 131/06, BFH/NV 2008, 233).
b) Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht. Der Kläger macht geltend, das FG habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt, weil es in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend davon ausgegangen sei, der Kläger sei Mitglied des Aufsichtsrats der F-KG gewesen. Bei ordnungsgemäßer Sachverhaltsermittlung hätte das FG feststellen müssen, dass der Kläger als Mitglied des Aufsichtsrats der C-GmbH tätig geworden sei. Aus diesem Vorbringen ergibt sich indes nicht, inwieweit die weitere Sachverhaltsaufklärung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Das FG hat in der angefochtenen Entscheidung darauf abgestellt, dass der Kläger den Einkünftetatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG verwirklicht habe, indem er eine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ausgeübt habe, und die Zurechnung der hieraus erzielten Einkünfte an den Kläger nicht dadurch entfallen könne, dass er seine Vergütungsansprüche an seine Ehefrau abgetreten habe. Auf der Grundlage dieses materiell-rechtlichen Standpunkts war es aus Sicht des FG nicht entscheidungserheblich, ob die Vergütungen für eine Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsratsmitglied der F-KG oder der C-GmbH geleistet wurden.
3. Der Schriftsatz des Klägers vom 26.10.2022 muss, soweit er nicht lediglich bloße Erläuterungen oder Ergänzungen der bereits unter 1. und 2. dargestellten Zulassungsgründe enthält, schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil er erst nach Ablauf der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO antragsgemäß bis zum 29.08.2022 verlängerten Frist für die Beschwerdebegründung eingegangen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.01.2007 – VII B 142/06, BFH/NV 2007, 873 und vom 24.04.2007 – X B 169/06, BFH/NV 2007, 1504).
4. Von einer weiteren Begründung und insbesondere einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.