Mandanten-Information zum Jahresende 2024 für Unternehmer und Geschäftsführer

1. Jahressteuergesetz 2024:

Die wichtigsten geplanten Neuerungen

Das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) wurde vom Bundestag am 18.10.2024 beschlossen. Zum Zeitpunkt der  Herausgabe  dieser  Mandanten-Information  liegt  es dem Bundesrat vor. Mit einer Verabschiedung ist noch in diesem Jahr zu rechnen. Das JStG 2024 enthält eine Vielzahl von steuerlichen Änderungen sowohl entlastender als auch belastender Art. Hierbei sind verschiedene Steuergesetze betroffen. Im Folgenden fassen wir die wichtigsten geplanten Änderungen für Unternehmer zusammen.

Buchwertübertragungen zwischen Schwesterpersonengesellschaften

Hat ein Unternehmer mehrere Betriebsvermögen oder Unternehmen, so kann es erforderlich sein, einzelne Wirtschaftsgüter von dem einen Betriebsvermögen in ein anderes zu übertragen, etwa im Rahmen von Restrukturierungen. Problem: Wird ein Wirtschaftsgut aus einem Betriebsvermögen entnommen, droht die Aufdeckung stiller Reserven. Dies bedeutet, dass, wenn der tatsächliche Marktwert des Wirtschaftsguts über dem Buchwert liegt, ein steuerpflichtiger Gewinn entsteht (eine Art fiktive Veräußerung). Man zahlt also Steuern auf Erträge, für die es keinen realen Geldeingang gibt. Meist gibt es aber Möglichkeiten, die eine steuerneutrale Übertragung zu Buchwerten ermöglichen.

Eine bisherige Lücke im System soll im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.11.2023 geschlossen werden. Dann ist grundsätzlich auch die Übertragung von Wirtschaftsgütern zu Buchwerten zwischen zwei Personengesellschaften möglich, die gleiche Gesellschafterstrukturen aufweisen (sog. Schwestergesellschaften). Eine steuerneutrale Übertragung soll aber laut JStG 2024 dann nicht möglich sein, wenn ein Gesellschafter nur an einer der beiden Gesellschaften beteiligt ist. Eine 0-%-Beteiligung unterschiedlicher Komplementär-GmbHs ist jedoch unschädlich. Die Neuregelung soll auf alle offenen Fälle anwendbar sein.

Umsatzsteuerliche Neuregelung bei Kleinunternehmern.

Im Rahmen der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung können Unternehmer von umsatzsteuerlichen Pflichten befreit werden, wenn die im Inland erwirtschafteten Gesamtumsätze gewisse Schwellen (bislang 22.000 € im Vorjahr bzw. 50.000 € im laufenden Jahr) nicht überschreiten. Diese Schwellen sollen nun angehoben werden. Künftig ist die Kleinunternehmerregelung anwendbar, wenn im Vorjahr der steuerpflichtige Gesamtumsatz 25.000 € und der Umsatz des laufenden Jahres 100.000 € nicht übersteigt.

Hinweis: Gegenüber der bisherigen Regelung ist dabei der Gesamtumsatz ohne Hinzurechnung einer Umsatzsteuer maßgeblich. Beim Überschreiten der Umsatzgrenze im laufenden Jahr (neu 100.000 €) ist die Kleinunternehmerregelung künftig bereits ab dem Zeitpunkt des Überschreitens nicht mehr anwendbar. Notwendig ist daher eine fortlaufende Überwachung des Gesamtumsatzes.

Darüber hinaus soll es auch im Inland nicht ansässigen Unternehmen ermöglicht werden, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen. Damit deutsche Unternehmen auch die jeweilige Kleinunternehmerregelung in anderen EU-Staaten in Anspruch nehmen können, soll ein Meldeverfahren über das Bundeszentralamt für Steuern eingeführt werden.

Hinweis: Bereits durch eine Regelung im Wachstumschancengesetz ist für Kleinunternehmer die Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung ab dem Veranlagungszeitraum 2024 entfallen.

Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug von einem Ist-Versteuerer

Der Vorsteuerabzug kann nach bisherigem Recht stets mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums geltend gemacht werden, in dem die Leistung erbracht wurde und in welchem der Leistungsempfänger die Rechnung erhält. Künftig soll der Vorsteuerabzug bei einem Leistungsbezug von einem Ist-Versteuerer erst dann möglich sein, wenn die Leistung tatsächlich bezahlt wurde. Ist-Versteuerer sind Unternehmer, die die Besteuerung ausnahmsweise nach vereinnahmten Entgelten vornehmen. Hierzu gehören viele kleinere Unternehmer sowie Freiberufler, die nicht buchführungspflichtig sind.

Zur praktischen Umsetzung der Neuregelung sollen Ist-Versteuerer verpflichtet werden, ihre Rechnungen mit dem Hinweis „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ zu versehen, damit der Leistungsempfänger die Besonderheit beim Vorsteuerabzug berücksichtigen kann. Die Regelung soll erstmals für Rechnungen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2027 ausgestellt werden.

Unberechtigter Steuerausweis

Grundsätzlich gilt: Wird in einer Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen, obwohl der Aussteller – aus welchen Gründen auch immer – nicht dazu berechtigt ist, dann wird die Steuer trotzdem geschuldet. In Reaktion auf die aktuelle BFH- Rechtsprechung wird diesbezüglich nun eine Gesetzeslücke bei Gutschriften geschlossen.

Bei einer Gutschrift im steuerlichen Sinne übernimmt der Leistungsempfänger das Ausstellen der Rechnung. Nach der geplanten Regelung schuldet der Empfänger der Gutschrift die dort ausgewiesene Umsatzsteuer auch dann, wenn diese vom Gutschriftersteller falsch ausgewiesen wurde. Die Regelung soll ab dem Tag der Gesetzesverkündung gelten.

Anpassung bei der Umsatzsteuerbefreiung

Die Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen wird an unionsrechtliche Vorgaben angepasst und bekommt hierdurch einen potenziell weiteren Anwendungsbereich. Insbesondere werden nun auch Leistungen im Bereich Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung von der Steuer befreit. Das bisherige Bescheinigungsverfahren, wonach ein Bildungsdienstleister (z.B. ein Dozent) die Steuerbefreiung nur in Anspruch nehmen kann, wenn ihm von der zuständigen Landesbehörde bzw. in bestimmten Fällen vom Auftraggeber eine Bescheinigung über dessen Steuerfreiheit ausgestellt wurde, soll ehalten bleiben. Die ursprünglich geplante Steuerbefreiung für Leistungen im Bereich Sport (z.B. von Vereinen) wurde hingegen gestrichen.

2. Geplante Neuerungen durch das Steuerfortentwicklungsgesetz

Abgesehen vom Jahressteuergesetz sind auch durch das Steuerfortentwicklungsgesetz Neuerungen geplant. Dieses wurde zwar bereits im Bundesrat diskutiert, der Zeitpunkt der Bundesratszustimmung ist allerdings offen. Gleichwohl sollen nach derzeitigem Stand einige der Regelungen bereits zum 01.01.2025 in Kraft treten. Im unternehmerischen Bereich sind vor allem die folgenden Neuerungen geplant.

Änderung bei der Sammelpostenregelung

Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbständig nutzbar sind, können als sog. geringwertige Wirtschaftsgüter im Jahr der Anschaffung sofort abgeschrieben werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten pro Wirtschaftsgut nicht mehr als 800 € betragen (GWG-Regelung). Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind solche, die nicht sofort verbraucht werden, also etwa Maschinen bzw. Geräte und Geschäftsausstattung. Darüber hinaus kann für entsprechende Wirtschaftsgüter auch ein Sammelposten gebildet werden, der dann einheitlich über einen bestimmten Zeitraum abzuschreiben ist. Auf die individuelle Nutzungsdauer des einzelnen Wirtschaftsguts kommt es hierbei nicht an.

Nach den geplanten Regelungen können Wirtschaftsgüter in den Sammelposten einbezogen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ohne Umsatzsteuer mehr als 800 € betragen (bisher: 250 €), aber 5.000 € nicht übersteigen (bisher 1.000 €). Außerdem soll die einheitliche Abschreibungsdauer des Sammelpostens auf drei Jahre (bisher fünf Jahre) verkürzt werden. Die Regelung soll für Wirtschaftsgüter gelten, die nach dem 31.12.2024 angeschafft werden.

Hinweis: Die Neuregelung würde den Anwendungsbereich des Sammelpostens stark erweitern und wäre eine echte Vereinfachung. Die bisherige Regelung war wegen der Überlappung mit der GWG-Regelung nur beschränkt praxistauglich.

Verlängerung der degressiven Abschreibung

Für bewegliche Wirtschaftsgüter wurde durch das Wachstumschancengesetz eine degressive Abschreibung eingeführt. Die Bemessungsgrundlage der Abschreibung ist immer der Restbuchwert aus dem Vorjahr. Hierdurch sind die Abschreibungsbeträge anfangs recht hoch, wodurch sich schneller Steuerminderungspotenzial realisieren lässt. Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz soll diese Abschreibung von 20 % auf 25 % der Anschaffungskosten, höchstens das 2,5-Fache (bisher: das 2,0-Fache) der linearen Abschreibung, steigen.

Zudem soll der zeitliche Anwendungsbereich erweitert werden. Waren bislang Wirtschaftsgüter, die nach dem 30.09.2023 und bis zum 31.12.2024 angeschafft oder hergestellt wurden, begünstigt, wird dies nun auf Wirtschaftsgüter, die bis zum 31.12.2028 angeschafft oder hergestellt werden, erweitert.

Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen

Bereits jetzt besteht eine Meldepflicht für internationale Steuergestaltungen. Die Meldepflicht für rein nationale steuerliche Gestaltungen zieht sich schon seit Jahren durch die Gesetzentwürfe, wurde aber bisher noch nicht realisiert.

Der jetzige Entwurf ist hier sinngemäß eng an die bereits bestehende Mitteilungspflicht für internationale Gestaltungen angelehnt. Die Pflicht trifft den Verwender der Steuergestaltung sowie auch sog. Intermediäre, welche die Gestaltung als Konzept anbieten (wie etwa Rechtsanwälte, Steuerberater, Banken).

Ob ein Sachverhalt, der einen Steuervorteil verschafft, auch wirklich meldepflichtig ist, richtet sich nach einem Katalog von abstrakten Kennzeichen. Durch die Mitteilungspflicht – wenn sie denn kommt – werden legale nationale Gestaltungen nicht verboten. Die Finanzverwaltung soll aber einen Überblick erhalten, welche Modelle der steuerlichen Gestaltung angewendet werden.

3. Die elektronische Rechnung kommt

Mit dem Wachstumschancengesetz wurde die verpflichtende Ausstellung der neuen elektronischen Rechnung (E- Rechnung) eingeführt. Ab 2025 muss jeder Unternehmer E-Rechnungen empfangen und verarbeiten können. Für den Empfänger sind keine Übergangsregelungen vorgesehen. Unterrnehmer haben auch bei Ausgangsumsätzen die Verpflichtung zur Ausstellung von E-Rechnungen. Hier gibt es allerdings sehr wohl Übergangsregelungen.

Was genau gilt als E-Rechnung?
Es handelt sich um eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Das strukturierte elektronische Format muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung (EN 16931) entsprechen. Es gibt bereits verschiedene Formate, etwa das ZUGFeRD-Format oder die X-Rechnung.
Hiervon zu unterscheiden sind Rechnungsdokumente, die lediglich auf elektronischem Weg versendet werden (z.B. ein PDF per E-Mail), sowie die Papierrechnung. Diese gelten künftig als „sonstige Rechnung“. Man kann sich eine E-Rechnung vorstellen wie eine Rechnung in einem gängigen elektronischen Format, die zudem weitere auswertbare Datenstrukturen im Hintergrund enthält.
Hinweis: Die Verpflichtung zur E-Rechnung betrifft grundsätzlich nur Unternehmer im Inland in ihrem Liefer- und Leistungsverkehr untereinander (Business- to-Business, B2B). Rechnungen an Privatpersonen können weiterhin in Papierform oder in einem einfachen elektronischen Format ausgestellt werden.

Die Einführung der E-Rechnung ist durch vier Meilensteine gekennzeichnet:

•  Ab  dem  01.01.2025  müssen  alle  Unternehmer E-Rechnungen  empfangen und verarbeiten können.   Leistungserbringer   können   E-Rechnungen ohne Zustimmung des Leistungsempfängers senden.

•  Bis  Ende  2026  dürfen  zwischen  Unternehmern weiterhin auch Papierrechnungen ausgetauscht werden. Auch elektronische Formate, die nicht dem E-Rechnungsformat   entsprechen,   dürfen   noch genutzt  werden,  allerdings  muss  sich  der  Rechnungsempfänger mit diesem Vorgehen einverstanden erklären.

•  Sogar bis Ende 2027 dürfen Unternehmen weiterhin Papierrechnungen austauschen oder elektronische Formate nutzen, die nicht dem E-Rechnungsformat entsprechen, wenn der Rechnungsaussteller einen Vorjahresumsatz (2026) von maximal 800.000 € hat.

•  Ab 01.01.2028 sind die neuen Anforderungen der E-Rechnung zwingend von allen Rechnungsausstellern einzuhalten.

Hinweis: Noch am 15.10.2024 gab das Bundesfinanzministerium ein Schreiben heraus, in dem klargestellt  wurde, dass – zumindest nach Ablauf der vorgenannten  gestaffelten Fristen – auch Kleinunternehmer von der  E-Rechnungspflicht betroffen seien. In der vom Bundestag am 18.10.2024 beschlossenen Fassung des Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) hingegen war für Kleinunternehmer die Verpflichtung zum Ausstellen von E-Rechnungen gestrichen worden. Bis zu einer Verabschiedung des JStG 2024 im Bundesrat herrscht diesbezüglich also noch Rechtsunsicherheit.

Ausblick und Praxisempfehlung

Mit dem neuen elektronischen Rechnungsformat werden die  ersten  Voraussetzungen  für  ein  Meldesystem  von elektronischen Rechnungen an die Finanzämter geschaffen. Hierdurch kann dann eine Prüfung der Rechnungen in  Echtzeit  erfolgen  und  Umsatzsteuerbetrug  effektiver  bekämpft  werden.  Das  Bundesfinanzministerium arbeitet derzeit an einer Unterstützung mit Tutorials zur E-Rechnung. Darüber hinaus arbeiten führende Softwarehersteller an Lösungen. Eine externe Softwarelösung ist aber nicht unbedingt Voraussetzung für die E-Rechnung.

Es  gibt  keine  Vorgaben  zum  Übermittlungsweg  von E-Rechnungen. Denkbar ist eine Übersendung per E-Mail ebenso wie ein Hochladen über Portale. Zumindest sollten Unternehmen bis 2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen. Bis spätestens Anfang 2028 sollten dann auch die Voraussetzungen geschaffen werden, selbst elektronische Rechnungen zu versenden.

4. Meldepflicht für elektronische Kassen ab 2025

Zur  Vermeidung  von  Steuerhinterziehung  sind  die  Anforderungen an elektronische Kassen in den letzten Jahren zunehmend verschärft worden. Im Jahr 2020 etwa wurde die Pflicht zum Einsatz eines Aufzeichnungssystems mit zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtung (TSE)  beschlossen.  Außerdem  müssen  elektronische Kassen für jeden Geschäftsvorfall einen Beleg mit bestimmten Daten ausgeben können. Unternehmer müssen dem Finanzamt (FA) Art und Anzahl ihrer Kassen melden. Ab dem 01.01.2025 ist nun eine Meldung von elektronischen  Kassensystemen  mittels  Datenübertragung über das Portal „Mein Elster“ oder die sog. ERiC-Schnittstelle an die Finanzbehörden möglich und grundsätzlich verpflichtend.

Welche Daten müssen gemeldet werden?

Wenn  Sie  ein  elektronisches  Kassensystem  einsetzen, müssen  Sie  dem  FA  künftig  per  Datenfernübertragung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz die folgenden Daten mitteilen:

•  Ihren Namen

•  Ihre Steuernummer

•  die Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung

•  die Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems

•  die Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme

•  die Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems

•  das Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems

•  das Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems

Die Fristen im Überblick

Spätestens   nach   Ablauf   einer   Übergangsfrist   zum 30.06.2025 sind sämtliche elektronischen Kassensysteme innerhalb eines Monats zu melden. Hieraus ergeben sich folgende Meldefristen:

SachverhaltFrist
vor dem 01.07.2025 angeschaffte SystemeReserviert: Meldung bis zum  
31.07.2025
ab dem 01.07.2025 angeschaffte SystemeMeldung innerhalb eines  Monats nach Anschaffung
ab dem 01.07.2025 außer Betrieb genommene SystemeMeldung innerhalb eines  Monats nach Außerbetriebnahme

Bei jeder Mitteilung muss nicht nur das an- oder abgemeldete Gerät, sondern stets alle elektronischen Aufzeichnungssysteme einer Betriebsstätte in einer einheitlichen Mitteilung übermittelt werden. Auch gemietete oder geleaste Systeme gelten als angeschafft und sind meldepflichtig.

Hinweis: Für das Kassensystem ist generell eine Verfahrensdokumentation zu führen. Diese sollte um eine  Prozessbeschreibung  hinsichtlich  der  neuen  Meldepflichten ergänzt werden.

Mögliche Sanktionen bei Nichtmeldung

Verstöße  gegen  die  Meldepflichten  können  mit  einem Zwangsgeld belegt werden; zudem drohen empfindliche Zuschätzungen. Die Finanzbehörden können im Rahmen der Kassennachschau unangekündigt während der Geschäftszeiten  die  elektronische  Kasse  und  damit  auch die Einhaltung der Meldepflicht überprüfen. Weitere haftungsrechtliche, bußgeldrechtliche oder gar strafrechtliche Konsequenzen hängen vom Einzelfall ab.

5. Verkürzung von Aufbewahrungsfristen und Bürokratieabbau

Mit dem zwischenzeitlich von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten  Vierten  Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) sollen weitreichende Vereinfachungen durch den Abbau überflüssiger bürokratischer Hürden erreicht werden. Aus steuer- bzw. handelsrechtlicher Sicht sind insbesondere die nachfolged dargestellten Gesichtspunkte von Interesse.

Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege

Die Aufbewahrungsfrist  für  Buchungsbelege  wird  von derzeit zehn Jahren auf acht Jahre reduziert. Die Frist beginnt nach Ablauf des Jahres, in dem der Buchungsbeleg entstanden ist. Es ist zu beachten, dass ggf. auch Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen anzupassen sind. Insgesamt führt die geplante Regelung zu einer Entlastung beim Archivierungsaufwand. Zu beachten ist aber, dass die Aufbewahrungsfrist für Handelsbücher,  Inventare,  Eröffnungsbilanzen,  Jahresabschlüsse,  Einzelabschlüsse,  Lageberichte  und Konzernabschlüsse weiterhin zehn Jahre beträgt. Bei empfangenen  und  versandten  Handelsbriefen  bleibt  es bei  einer  Aufbewahrungsfrist  von  sechs  Jahren.  Vom Bundesrat wurde außerdem die Aufhebung des Papierformerfordernisses für die Aufbewahrung von Jahresabschlüssen in das Gesetz eingebracht.

Neuer Schwellenwert für monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen

Relevanter Zeitraum für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung   ist   grundsätzlich   das   Kalendervierteljahr. Beträgt die Umsatzsteuerschuld für das vorangegangene Kalenderjahr allerdings mehr als 7.500 €, so bildet der Kalendermonat den Voranmeldungszeitraum. Diese Schwelle wurde nun auf 9.000 € Umsatzsteuerschuld angehoben. Potenziell werden also mehr Unternehmen weniger Vorameldungsaufwand haben. 

Differenzbesteuerung

Die Differenzbesteuerung ist ein besonderes umsatzsteuerliches Verfahren, bei welchem nur die Differenz zwischen dem  Einkaufs-  und  dem  Verkaufspreis  versteuert  wird. Die Differenzbesteuerung wird häufig bei gebrauchten Gegenständen angewendet, für die in der Regel bereits Umsatzsteuer gezahlt wurde. Bei gebrauchten Gegenständen, deren Einkaufspreis bisher 500 € nicht übersteigt, hat der Wiederverkäufer ein Wahlrecht. Er kann anstelle der Einzeldifferenz eine Gesamtdifferenz bilden. Diese Grenze wird nun auf 750 € angehoben.

Weitere Maßnahmen

Auch außersteuerliche Maßnahmen sind im BEG IV enthalten. So wird künftig in vielen Bereichen (z.B. im Arbeitsrecht,   Gewerbemietrecht,   Gesellschaftsrecht   und im Vereinsrecht) die Textform statt der Schriftform bei Verträgen und Abreden ausreichen. Bei der Schriftform als Formanforderung ist immer eine eigenhändige Unterschrift bzw. eine anerkannte elektronische Signatur erforderlich. Diese wird nun in den entsprechenden Fällen entbehrlich.

6. Erhöhung der Schwellenwerte für Bilanzierungspflicht

Durch das Wachstumschancengesetz wurden die steuerlichen Schwellenwerte angehoben, ab deren Überschreitung ein Unternehmen buchführungspflichtig wird, es also eine Bilanz erstellen muss. Eine vereinfachte Gewinnermittlung per Einnahmenüberschussrechnung ist dann nicht mehr möglich. Bisher musste zu einer Bilanzierung übergegangen werden, wenn die Gewinngrenze von 60.000 € im Jahr oder die Umsatzgrenze von 600.000 € im Jahr überschritten wurde. Nun tritt die steuerliche Bilanzierungspflicht erst bei Überschreitung der Gewinngrenze von 80.000 € bzw. der Umsatzgrenze von 800.000 € ein. Die Regelung gilt bereits für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31.12.2023. 

Die handelsrechtlichen Schwellenwerte für die Buchführungspflicht   wurden   korrespondierend   angepasst. Die  Buchführungspflicht  tritt  ein,  wenn  die  Schwellen in  jeweils  zwei  aufeinanderfolgenden  Geschäftsjahren überschritten  werden.  Die  Finanzbehörden  teilen  dem Unternehmen die Buchführungspflicht mit. Diese gilt dann für das Wirtschaftsjahr nach dem Jahr der Mitteilung. Stets zur Buchführung verpflichtet sind und bleiben – unabhängig von einer Umsatz- oder Gewinngrenze – Kaufleute.

7. Einführung einer Wirtschafts-Identifikationsnummer

Die neue Wirtschafts-Identifikationsnummer werden alle Unternehmen  erhalten,  die  in  Deutschland  tätig  sind. Dazu gehören neben juristischen Personen auch Einzelunternehmer und Freiberufler. Geht eine Person mehreren wirtschaftlichen Tätigkeiten nach, erhält sie für jede eine eigene Wirtschafts-Identifikationsnummer vom Bundeszentralamt  für  Steuern  zugeteilt.  Die  Wirtschafts-Identifikationsnummer setzt sich aus dem Kürzel DE für Deutschland und neun Ziffern zusammen. Ergänzend zu diesen kommt ein mit Bindestrich getrenntes fünfstelliges Unterscheidungsmerkmal hinzu. Dieses dient der Identifizierung einzelner Betriebe, Betriebsstätten oder Tätigkeiten.

Die Vergabe der Wirtschafts-Identifikationsnummern erfolgt stufenweise seit dem Herbst 2024. Die neue Nummer gilt neben der Steuernummer und der Steueridentifikationsnummer. Perspektivisch sollen durch sie Meldepflichten vereinfacht werden. Außerdem soll die Wirtschafts-Identifikationsnummer zu den Stammdaten eines neuen, derzeit im Aufbau befindlichen Unternehmensbasisdatenregisters gehören. Hierin sollen künftig Daten verschiedener Register zusammenlaufen.

Hinweis: Die Wirtschafts-Identifikationsnummer muss  weder für bestehende noch für neugegründete Unternehmen beantragt werden. Die Zuteilung erfolgt automatisch durch das Bundeszentralamt für Steuern.

8. Geschenke: Änderung des Umsatzsteueranwendungserlasses

Durch das Wachstumschancengesetz wurde die Grenze für den Aufwandsabzug für Geschenke eines Unternehmers an Personen, die nicht seine Arbeitnehmer sind (z.B. Geschäftsfreunde), ab dem 01.01.2024 von bisher 35 € auf 50 € im Jahr pro beschenkter Person angehoben. Ist die Grenze überschritten, so ist bei der Einkommensteuer überhaupt kein Aufwandsabzug für das Geschenk möglich. Bei einer Überschreitung der Grenze ist auch der Vorsteuerabzug für das Geschenk nicht zu gewähren.

Im  Umsatzsteueranwendungserlass  wurde  die  entsprechende Grenze nun ebenso von 35 € auf 50 € pro Jahr und beschenkter Person angepasst. Keine Geschenke im Sinne dieser Regelungen sind jedoch einfache Streuwerbeartikel, deren Wert 10 € nicht übersteigt. Bei diesen steht der Werbezweck im Vordergrund (z.B. durch ein Firmenlogo auf Kugelschreibern).

9. Aufteilungsgebot bei Beherbergungsumsätzen europarechtswidrig?

Nach  dem  deutschen  Umsatzsteuerrecht  unterliegt  bei Beherbergungsumsätzen (z.B. von Hotels) nur die Übernachtungsleistung dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Alle weiteren Nebenleistungen wie etwa Frühstück, Parkplatz oder auch die Nutzung weiterer Einrichtungen  des  Hotels  (z.B.  Spa-Bereich)  unterliegen  dem regulären Steuersatz von 19 %. Daher ist die Gesamtrechnung aufzuteilen. Dies ist in der Praxis aufwändig und auch fehleranfällig.

Der Bundesfinanzhof hat verschiedene Fälle zum Aufteilungsgebot  dem  Europäischen  Gerichtshof  (EuGH)  zur Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit nach EU-Recht vorgelegt. Hier gibt es aufgrund jüngerer Rechtsprechung des EuGH die Hoffnung, dass Nebenleistungen das umsatzsteuerliche  Schicksal  der  Übernachtungs-Hauptleistung teilen, sie also auch mit nur 7 % zu besteuern sind.

Hinweis:  Unternehmen  der  Beherbergungsbranche, die neben der Hotelleistung noch andere Leistungen  erbringen,  sollten  ggf.  ihre  Umsatzsteuerbescheide  überprüfen und gegen diese Einspruch unter Antrag  auf Ruhen des Verfahrens einlegen. Erstattungen nach  einem entsprechenden EuGH-Urteil sind im Bereich  des Möglichen.

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