Tipps für Steuerzahler, Juli 2024

Familienstiftung

Steuerklasse und Freibetrag richten sich nach den entferntest Berechtigten
Wird Vermögen mit „warmer Hand“ auf eine Stiftung übertragen, gilt dieser Vorgang als Schenkung unter Lebenden und löst daher häufig Schenkungsteuer aus. Stiftungen werden oft wesentlich  im  Interesse  einer Familie errichtet (Familienstiftung). Zur Bestimmung der maßgeblichen Steuerklasse und der Freibeträge ist dabei das Verwandtschaftsverhältnis zugrunde zu legen, das (nach der  Stiftungsurkunde) der entferntest Berechtigte zum Schenker hat. Je entfernter dieser Berechtigte mit dem Schenker verwandt ist, desto höher fällt also die Schenkungsteuer aus. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat konkretisiert, wie dieser entferntest Berechtigte zu ermitteln ist. Im Streitfall hatten Eheleute eine Familienstiftung mit einem Vermögen von 443.000 € (Steuerwert) ausgestattet. Nach der  Stiftungssatzung  bezweckte  die  Familienstiftung die angemessene Versorgung der Eheleute (Stifter), der bereits geborenen Tochter der Stifter sowie weiterer Abkömmlinge des Stamms der Stifter (nach Wegfall der vorherigen Generation). Das Finanzamt ging für Zwecke der Schenkungsteuer davon aus, dass entferntest Berechtigte die angeführten „weiteren Abkömmlinge“ waren. Es legte daher Steuerklasse I zugrunde, die für Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder gilt. Nach der Lesart des Finanzamts konnten aber nicht nur Kinder  und  Enkelkinder  potentiell  von  der  Stiftung profitieren, sondern auch Urenkelkinder. Daher zog es nur einen Freibetrag von 100.000 € ab, der für „übrige Personen der Steuerklasse I“ zugrunde zu legen ist, und setzte Schenkungsteuer in Höhe von 59.000 € fest. 
Hinweis:  Wären  nur  Kinder  berechtigt  gewesen, hätte der Freibetrag bei 400.000 € gelegen, bei Beschränkung der Berechtigung bis zur Enkelgeneration bei 200.000 €.
Die Eheleute  wandten ein, dass  nach  der  Stiftungsurkunde nur die Stifter und ihre Tochter berechtigt seien. Weitere Nachkommen seien noch gar nicht geboren und auch nur dann begünstigt, wenn die Tochter versterbe. Sie wollten daher einen Freibetrag von 400.000 € abziehen, so dass die Schenkungsteuer gegen null ging. 

Der BFH hat dies jedoch abgelehnt. Als entferntest Berechtigte sind auch mögliche Urenkel der Stifter  anzusehen,  da  sie  nach  der  Stiftungssatzung potentiell Vermögensvorteile erlangen können. Unerheblich war für den BFH, ob diese Personen zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren waren, jemals geboren werden und tatsächlich finanzielle Vorteile aus der Stiftung erlangen werden.
Hinweis: Die finanzielle Ausstattung der Stiftung im Urteilsfall legt nahe, dass die Stifter bei der Steuergestaltung gezielt den Freibetrag von 400.000 € eingeplant hatten. Der nun höchstrichterlich abgesegnete Steuerzugriff von 59.000 € machte das Steuersparmodell der Familienstiftung  somit weitgehend zunichte. Bei der Errichtung solcher Stiftungen ist also besonderes Augenmerk darauf zu richten, wie weit man den Kreis der Berechtigten zieht. Aus steuerlicher Sicht kann es sinnvoll sein, diesen Kreis zu beschränken, um steuerliche Vorteile nicht zu gefährden. 

Doppelbesteuerung

Einkommensteuerermäßigung nur fünf Jahre ab dem Todesfall möglich 
Mitunter kommt es vor, dass Einkünfte zugleich mit Einkommensteuer und mit Erbschaftsteuer belastet werden. In einem solchen Fall kann aber eine Steuerermäßigungsvorschrift anwendbar sein, nach der die Einkommensteuer um eine fiktive Erbschaftsteuer gemindert wird. Diese Regelung greift zum Beispiel bei noch nicht realisierten Wertsteigerungen oder bei Forderungen, die dem Erblasser noch nicht zugeflossen sind (sofern die Einkommensteuer nach dem Zuflussprinzip ermittelt wird).  

Die Steuerermäßigung ist allerdings auf einen fünfjährigen  Begünstigungszeitraum  beschränkt. Das heißt, sie wird nur für Einkünfte gewährt, die im selben Veranlagungszeitraum, in dem die Ein- kommensteuerschuld beim Erben entsteht, oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen der Erbschaftsteuer unterlegen haben. 

Eine mehrjährig andauernde Erbenermittlung kann dazu führen, dass der fünfjährige Begünstigungszeitraum abgelaufen ist und die Ermäßigung nicht mehr genutzt werden kann. Das zeigt ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH). 

Das Nachlassgericht hatte den Kläger erst 2016, sechs Jahre nach dem Tod der Erblasserin, per Erbschein zum Alleinerben erklärt. Zum Nachlass gehörten zwei KG-Beteiligungen. Während  der sechs  Jahre  andauernden  Erbenermittlung  hatte der Alleinerbe nicht über den Nachlass verfügen können. Die Erbschaftsteuer wurde 2016 festgesetzt und von ihm gezahlt. 

Nachdem der Alleinerbe seine geerbten KG-Be- teiligungen 2017 veräußert hatte, wollte er die tarifliche Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn um die hierauf entfallende Erbschaftsteuer ermäßigt haben. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab. Der fünfjährige Begünstigungszeitraum sei bereits 2017 abgelaufen, da er schon mit der Entstehung der Erbschaftsteuer (mit dem Tod der Erblasserin 2010) begonnen habe. Der Alleinerbe war hingegen der Auffassung, dass  erst  der  spätere Zeitpunkt der tatsächlichen Belastung mit Erbschaftsteuer (2016) maßgeblich sei. 

Der BFH hat dem Finanzamt recht gegeben. Für den Fristbeginn komme es auf die rechtliche Entstehung der Erbschaftsteuer an. Beim Erwerb von Todes wegen entstehe die Steuer mit dem Tod des Erblassers, so dass dieses Datum maßgeblich sei. Die Richter begründeten diese Auslegung unter anderem mit der Systematik des Gesetzes. 

Künstliche Befruchtung

Ausgaben für Präimplantationsdiagnostik können abziehbar sein 
Gute Nachrichten für Paare, die sich ihren Kinderwunsch mithilfe medizinischer Unterstützung erfüllen wollen: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Aufwendungen einer gesunden Frau für eine durch eine Krankheit ihres Partners veranlasste Präimplantationsdiagnostik (PID) als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind. 
Hinweis: Bei der PID erfolgt eine zielgerichtete genetische Analyse von Zellen eines durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos vor seiner Übertragung und Einnistung in die Gebärmutter.
Im Streitfall lag beim Partner der Klägerin eine „chromosomale Translokation“ vor. Aufgrund dieser Mutation war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein auf natürlichem Weg gezeugtes gemein- sames Kind an schwersten körperlichen oder geistigen Behinderungen leiden würde und unter Um- ständen nicht lebensfähig  wäre. Das Paar entschied sich daher dafür, vor der künstlichen Befruchtung eine PID durchzuführen. Der Großteil der hierfür notwendigen Behandlungen betraf die Klägerin, die den Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastungen beantragte. Das Finanzamt  lehnte  eine  Berücksichtigung  der  Behandlungskosten ab, das Finanzgericht (FG) erkannte die selbst getragenen Kosten der Klägerin jedoch in erster Instanz an. 

Der BFH hat die Entscheidung des FG bestätigt. Die Aufwendungen für die Behandlung der Klägerin  seien  zwangsläufig  entstanden, weil die ärztlichen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit dem Zweck gedient hätten, eine durch Krankheit beeinträchtigte körperliche Funktion ihres Partners auszugleichen. Anders als bei anderen Erkrankungen hätte durch eine medizinische Behandlung allein des erkrankten Partners keine Linderung der Krankheit  eintreten  können. Daher stünde der Umstand, dass die Klägerin selbst gesund sei, der Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen. Ferner sei auch das Erfordernis erfüllt, dass die vorgenommenen Behandlungsschritte mit gesetzlichen Vorschriften übereinstimmten – insbesondere mit dem Embryonenschutzgesetz. Unerheblich war für den BFH, dass die Klägerin und ihr Partner nicht verheiratet waren. 

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